Ist Sadismus hässlich?
27.04.2013 12:50
Hach, da reitet er, der schwarze Ritter, bleich ob seines melancholischen Geheimnisses, doch seine Augen glühen von innerem Feuer, und er wird das Deine löschen.
Ah, da schreitet es dahin, das edle, wilde Tier, bereit, dich lustvoll zu zerfetzen, und es ist ein süßes Spiel mit dem Tod, der selbstverständlich niemals wirklich eintritt.
Oh, da blickt er dich an, der perverti...erte Weise, lebenserfahren schaut er bis auf den Grund deiner verkrümmten Seele, und in fürsorglicher Strenge wird er dich zur Erlösung führen.
Ja so ist das. Oder sollte es zumindest sein?
Denn welcher Bottom von Verstand würde sich mit einem zynischen, selbstsüchtigen inkonsequenten Top abgeben, der sich den Teufel um die Wünsche, Bedürfnisse und Grenzen seines Opfers schert?
Aber genau das hat de Sade – wir erinnern uns, der Namensgeber – beschrieben. Und ich finde, er hat den Punkt zum Beispiel in den 120 Tagen von Sodom getroffen. Für mich ist es nicht die dargestellte Grausamkeit, welche das Buch so bemerkenswert macht, sondern die absolute Werteverneinung seiner grausamen Protagonisten, die sich nur ihrer Verwerflichkeit verpflichtet fühlen.
Nun sind wir Sadisten Menschen, die in einer geordneten und relativ kultivierten Welt leben; so wir uns nicht entschieden haben, als Söldner nach Schwarzafrika zu gehen, müssen wir uns gewissen Werten anpassen. Was ich durchaus vernünftig und auch pragmatisch empfinde. Dennoch bleibt bei mir ein gewisses Unbehagen, wenn ich die vorwiegend von subs dominierte virtuelle Szene, also den Überbau, betrachte. De Sade wird abgelehnt, als Abgrenzung zu dem, was sub sich gerne wünscht, wird ‚Realsadismus’ als Pfuiwort etabliert.
Auch nach dieser an sich schon bemerkenswerten Umdeutung wird der Begriff ‚Sadist’ (als Bezeichnung einer Person mit den entsprechenden Neigungen) nach meiner Wahrnehmung immmer weniger verwendet, viel häufiger wird von ‚Dom’ gesprochen, also von einem Dominanten, ein Wort, das auf eine Tätigkeit zurückführt.
Vielleicht wäre ‚Heilpraktiker’ die noch bessere Bezeichnung – wenn sie nicht schon im Gesundheitswesen vergeben wäre.
Ich denke, es wäre besser und auch an der Zeit, der Hässlichkeit des Sadismus ins Auge zu sehen. Und sie mit anderen Hässlichkeiten zu vergleichen.
Denn diese vermeintliche dominante Förderung halte ich schlicht für Unfug. Das Erziehungssystem, welches wir als Mensch gemeinhin kennen, ist geprägt durch Vorbild und Loyalität. Ein Dominanter kann einen Devoten daher in diesem Sinne überhaupt nicht erziehen, weil er das Erziehungsziel selbst nicht verkörpert. Das am nächsten stehende Modell, das sich mir hier aufdrängt, ist die Abrichtung eines Hundes.
Ich selbst wiederum möchte als Sadist auch nicht zur Erlösung geführt werden (das ist der Hintergrund vom schwarzen Ritter, von ‚La Belle et la Bête’), zum einen nicht, weil es die Machtverhältnisse auf perfide Weise umdreht, zum anderen, weil dahinter der submissive, durchaus konventionelle Wunsch steckt, einen Rohdiamanten, also ein Sonderangebot, zu entdecken und zu vereinnahmen.
Nein, ich möchte Sadist sein dürfen, möchte die Schmutzecken meines Charakters lustvoll ausleben, authentisch und hässlich. Ich möchte sie zeigen können, mich zeigen, ohne mich hinter dem schwarz verchromten Visier des ebenso schwarzen Prinzen verstecken zu müssen.
Ich habe diese kollektive Schönfärberei einfach satt.
Ah, da schreitet es dahin, das edle, wilde Tier, bereit, dich lustvoll zu zerfetzen, und es ist ein süßes Spiel mit dem Tod, der selbstverständlich niemals wirklich eintritt.
Oh, da blickt er dich an, der perverti...erte Weise, lebenserfahren schaut er bis auf den Grund deiner verkrümmten Seele, und in fürsorglicher Strenge wird er dich zur Erlösung führen.
Ja so ist das. Oder sollte es zumindest sein?
Denn welcher Bottom von Verstand würde sich mit einem zynischen, selbstsüchtigen inkonsequenten Top abgeben, der sich den Teufel um die Wünsche, Bedürfnisse und Grenzen seines Opfers schert?
Aber genau das hat de Sade – wir erinnern uns, der Namensgeber – beschrieben. Und ich finde, er hat den Punkt zum Beispiel in den 120 Tagen von Sodom getroffen. Für mich ist es nicht die dargestellte Grausamkeit, welche das Buch so bemerkenswert macht, sondern die absolute Werteverneinung seiner grausamen Protagonisten, die sich nur ihrer Verwerflichkeit verpflichtet fühlen.
Nun sind wir Sadisten Menschen, die in einer geordneten und relativ kultivierten Welt leben; so wir uns nicht entschieden haben, als Söldner nach Schwarzafrika zu gehen, müssen wir uns gewissen Werten anpassen. Was ich durchaus vernünftig und auch pragmatisch empfinde. Dennoch bleibt bei mir ein gewisses Unbehagen, wenn ich die vorwiegend von subs dominierte virtuelle Szene, also den Überbau, betrachte. De Sade wird abgelehnt, als Abgrenzung zu dem, was sub sich gerne wünscht, wird ‚Realsadismus’ als Pfuiwort etabliert.
Auch nach dieser an sich schon bemerkenswerten Umdeutung wird der Begriff ‚Sadist’ (als Bezeichnung einer Person mit den entsprechenden Neigungen) nach meiner Wahrnehmung immmer weniger verwendet, viel häufiger wird von ‚Dom’ gesprochen, also von einem Dominanten, ein Wort, das auf eine Tätigkeit zurückführt.
Vielleicht wäre ‚Heilpraktiker’ die noch bessere Bezeichnung – wenn sie nicht schon im Gesundheitswesen vergeben wäre.
Ich denke, es wäre besser und auch an der Zeit, der Hässlichkeit des Sadismus ins Auge zu sehen. Und sie mit anderen Hässlichkeiten zu vergleichen.
Denn diese vermeintliche dominante Förderung halte ich schlicht für Unfug. Das Erziehungssystem, welches wir als Mensch gemeinhin kennen, ist geprägt durch Vorbild und Loyalität. Ein Dominanter kann einen Devoten daher in diesem Sinne überhaupt nicht erziehen, weil er das Erziehungsziel selbst nicht verkörpert. Das am nächsten stehende Modell, das sich mir hier aufdrängt, ist die Abrichtung eines Hundes.
Ich selbst wiederum möchte als Sadist auch nicht zur Erlösung geführt werden (das ist der Hintergrund vom schwarzen Ritter, von ‚La Belle et la Bête’), zum einen nicht, weil es die Machtverhältnisse auf perfide Weise umdreht, zum anderen, weil dahinter der submissive, durchaus konventionelle Wunsch steckt, einen Rohdiamanten, also ein Sonderangebot, zu entdecken und zu vereinnahmen.
Nein, ich möchte Sadist sein dürfen, möchte die Schmutzecken meines Charakters lustvoll ausleben, authentisch und hässlich. Ich möchte sie zeigen können, mich zeigen, ohne mich hinter dem schwarz verchromten Visier des ebenso schwarzen Prinzen verstecken zu müssen.
Ich habe diese kollektive Schönfärberei einfach satt.